Digitale Edition der Tagebücher Max Brods

DFG-Projekt

Das Ziel des Projekts ist es, sämtliche Tagebücher Max Brods, versehen mit notwendigen Kommentaren, der Öffentlichkeit sowie der Forschungsgemeinde langfristig in angemessener digitaler FormExterner Link erstmalig weltweit frei zugänglich zu machen und dabei die Forschung auf mehreren Gebieten zu befördern und zu beflügeln. 

Geplant ist die buchstaben- und zeichengetreue Transkription, Textauszeichnung nach EdView-Schema (XML/TEI) sowie Kommentierung sämtlicher Tagebücher, Reisetagebücher und Tagebuchexzerpte Max Brods im Rahmen einer wissenschaftlichen digitalen Edition. 

Eine digitale und kommentierte Edition der bis auf wenige kurze Auszüge noch unpublizierten Tagebücher wird neue Aufschlüsse über die historischen politisch-kulturellen Konstellationen und Konfigurationen ermöglichen und zwar weit über die Max Brod-Philologie hinaus. Es handelt sich dabei insbesondere um diskurshistorische Rekonstruktionen der literarischen, intellektuellen und politischen Debatten, an denen er beteiligt war. Von der Digitaledition könnten somit folgende weitere Arbeitsbereiche profitieren: 

  • Die Forschung zur Kulturpoetik, insofern Brods Tagebuchaufzeichnungen eine wichtige Quelle zur Rekonstruktion jenes kulturellen Gewebes darstellen, in das literarische Texte insbesondere deutsch-jüdischer Autorinnen und Autoren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingebunden sind. 
  • Die rezente, sowohl konzeptuelle als auch historische Netzwerk-Forschung. 
  • Die historische Erforschung der Zusammenhänge von Kultur und Politik im Kontext des Exils und mithin die Exilforschung. 
  • Die in dynamischer Entwicklung befindliche Forschung zum Kulturtransfer bzw. zur Verflechtungsgeschichte. Hier lässt die Auswertung der Nachlassdokumente auch neue Aufschlüsse zu den vielfältigen literarischen, kulturell- sprachlichen und auch sozial-konfessionellen Verflechtungen insbesondere im intellektuellen Prag vor 1938/39 erwarten. 
  • Für die Kafka-Philologie werden nicht nur die Tagebücher, Reisetagebücher und Tagebuchnotizen aus der Zeit von 1909 bis 1912 von Interesse sein. Auch die Exzerpte, die Brod für die Arbeit an seiner Kafka-Biografie aus Kafkas und aus eigenen, mittlerweile vernichteten Tagebüchern erstellte, halten Informationen bereit, die der Forschung bislang nur auszugsweise zugänglich sind. 
  • Für die Literaturgeschichte sowie die Philologie zu zahlreichen weiteren Autoren/-innen – warten Brods Tagebücher mit bedeutenden Aufschlüssen zu literarhistorischen Entwicklungen sowie zu konkreten Personen auf. Brods Kontakte erstrecken sich von Gruppierungen wie der Concordia, Jung-Prag und dem ‚Prager Kreis‘ über zahlreiche Autoren/-innen des Expressionismus, der Wiener Moderne sowie der Weimarer Republik. Kontakte bestanden ferner durch Brods Tätigkeit als Nachlassverwalter der Werke Kafkas u. a. mit Robert Klopstock, Dora Diamant, Milena Jesenská, Willy Haas und der Familie Kafka. Tagebucheinträge erfassen zudem den Austausch mit Verlagen wie Kurt Wolff, Paul Zsolnay oder Schocken sowie den im Rahmen von Brods journalistischer Tätigkeit. Hinzu kommen tschechische Autoren und Künstler (u. a. Alois Jirásek, Leoš Janáček, Josef Suk) und jene Intellektuelle im Umfeld zionistischer Debatten (Martin Buber, Hugo Bergmann, Felix Weltsch u. a.); später weitere durch die wachsende Bedrohung durch das Dritte Reich und die des Exils (Ernst Bloch, Alfred Döblin, Ludwig Hardt, Elias Canetti, Lion Feuchtwanger, Klaus Mann, Theodor Lessing, Arnold Zweig u. v. a.) mit denen Brod in teils regem Austausch stand. Auch nach dem Krieg setzen sich seine intensiven Bemühungen um internationale Vernetzung fort. Brod fungiert in Israel verstärkt als Kulturbotschafter und Nachlassverwalter der Prager deutschen Kultur und Literatur und bleibt mit zahlreichen weiteren Autoren/-innen, Künstler/-innen und Intellektuellen, z. B. Albert Einstein, Max Frisch, Theodor Heuss, Alma Mahler-Werfel, Alfred Weber u. a. verbunden. 
  • Aspekte der Literaturtheorie im engeren Sinne, insoweit das Textkorpus von Brods Tagebüchern vor interessante generische Probleme stellt und mithin neue Fragen bezüglich der Definition von Diaristik – sowie von Notat, Notiz, Reisetagebuch usw. – heraufbeschwört.
  • Die Möglichkeit, die Tagebücher Brods im Zusammenhang mit allen anderen Editionen in EdView zu untersuchen, wird übergreifende Forschungsfragen generieren.

Am Projekt Beteiligte

  1. Stašková, Alice, Univ.-Prof. Dr. Projektleitung
    Lehrstuhl Neuere deutsche Literatur II

    Frommannsches Anwesen, Raum 104a, Frommannsches Haus
    Fürstengraben 18
    07743 Jena

    Alice Stasková
    Foto: Anne Günther (Universität Jena)
  2. Dirmhirn, Clemens, Dr. Wissenschaftliche Mitarbeit
    Lehrstuhl Neuere deutsche Literatur II

    Frommannsches Anwesen, Raum Fernowflügel, Raum 232
    Fürstengraben 18
    07743 Jena

  3. Badstübner, Lisa studentische Assistentin
    Lehrstuhl Neuere deutsche Literatur II

    Frommannsches Anwesen
    Fürstengraben 18
    07743 Jena

  4. Warstat, Joanne studentische Assistentin
    Lehrstuhl Neuere deutsche Literatur II

    Frommannsches Anwesen
    Fürstengraben 18
    07743 Jena